Nudging als effektives Steuerungsinstrument in der Umweltpolitik? Untersuchung am Beispiel fleischarmen Lebensmittelkonsums in öffentlichen Einrichtungen.
Von Paula Krollik
veröffentlicht am 24. März 2022
Der Klimaschutz gehört zu den größten gesellschaftspolitischen Herausforderungen unserer Zeit, weshalb 2015 auf der internationalen Klimakonferenz das Pariser-Abkommen von 180 Ländern ratifiziert wurde (vgl. BMU 2021). Um das 1,5°C-Ziel des Klimaabkommens bis 2050 zu realisieren, müssen die Emissionswerte weltweit drastisch reduziert werden. Für Deutschland bedeutet das konkret 80 bis 90 Prozent der Treibhausgase im Vergleich zum Jahr 1990 einzusparen (vgl. Umweltbundesamt 2014: 8). Sechs Jahre nach Ratifizierung des Abkommens lässt sich jedoch bilanzieren, dass bisher zu wenig Maßnahmen ergriffen wurden um das Klimaziel zu erreichen. Besonders der exorbitante Fleischkonsum muss verringert werden, da der Methanausstoß der Viehhaltung für einen Großteil der weltweiten Emissionen verantwortlich ist.
Aktuelle Steuerungsinstrumente scheinen also demnach nicht auszureichen, weshalb das Konzept Nudging für die Politik ein vielversprechender Ansatz ist. Nudging (auf Deutsch „Stupsen“) kommt ursprünglich aus den Wirtschaftswissenschaften und wurde von Tahler und Sunstein entwickelt. Es ist ein Werkzeug um die Wahlarchitektur der Konsument*innen zum Vorteil des gewünschten Ziels zu verändern, jedoch ohne andere Optionen einzuschränken. Zudem sei Nudging laut Thaler und Sunstein im Vergleich zu anderen politischen Steuerungsinstrumenten kostengünstiger, einfacher umzusetzen und berge weniger Konfliktpotenzial als Ge- und Verbote (vgl. Thaler & Sunstein 2017: 26). Deshalb ist Gegenstand dieser Hausarbeit die Beantwortung folgender Fragestellung: Inwiefern kann Nudging als effektives politisches Steuerungsinstrument in der Umweltpolitik am Beispiel fleischarmen Lebensmittelkonsums in öffentlichen Einrichtungen bewertet werden?
Die Untersuchung, ob Nudging ein effektives Steuerungsinstrument ist, erfolgt Mithilfe des Politikzyklus. Der Zyklus ist in fünf bis sechs Phasen gegliedert, die einen idealtypischen politischen Prozess des Policy-Making durchlaufen und an dessen Ende ein Politikergebnis steht (Köple 2014). Nach der Anwendung des Policy-Zyklus lässt sich besonders die hohe gesellschaftliche Akzeptanz positiv bewerten. Im Hinblick auf die langfristige Effektivität, ethische Richtlinien und nicht intendierten Nebenwirkungen von Nudges besteht hingegen noch Forschungsbedarf. Insgesamt ist Nudging kein effektives Steuerungsinstrument, um das 1,5°C-Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. So konstatiert auch der Politikwissenschaftler Robert Lepenies, dass gesellschaftliche Probleme strukturelle Lösungen benötigen und „Green Nudges als Politikinstrument lediglich zu marginalen Interventionen führen und die grundlegenden Fragen zu wenig diskutiert werden“ (vgl. Rometsch 2021). Da ein struktureller Systemwandel aber vermutlich kurzfristig nicht realisiert werden kann, weist das Konzept Nudging dennoch großes Potenzial auf, als ein Teilaspekt den Herausforderungen zur Eindämmung der Klimakrise zu begegnen.
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