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It`s your choice – junge Wähler und junge Politiker im Dialog

Als wir als Landeszentrale 2015 auf die Suche nach geeigneten Partnern gingen, mit denen wir die Kampagne Demokratie stärken – du bist Politik! mit jungen WählerInnen realisieren wollten, begegneten wir dem Team der DSA youngstar. Spezialisiert auf die Zielgruppe derer, die im politischen Kontext Jung- und Erstwähler genannt werden, präsentierte sich und überzeugte uns damit das junge Team mit ihrem Konzept It´s your choice.

Ausgehend von der immer wieder zu hörenden Auffassung, Jugendliche und junge Erwachsene seien politisch desinteressiert, zum überwiegenden Teil Nichtwähler, wenn nicht sogar politikverdrossen, entwickelte DSA youngstar eine Antithese: Jugendliche wollen ernst genommen werden und auf Augenhöhe über Themen diskutieren, die für sie relevant sind. So entstand in einem längeren Prozess das Konzept für die It´s your choice-Tour. Diese Tour war eine Reise durch Schulen Sachsen-Anhalts, um hier Diskussionen zwischen den Schülerinnen und Schülern und jeweils einem Vertreter oder einer Vertreterin der Jugendorganisationen der im Landtag vertretenen Parteien zu initiieren. Vierzehn solcher Diskussionsforen wurden realisiert und bei keinem saß ein Direktkandidat oder eine Direktkandidatin auf dem Podium, es wurden keine Materialien der Parteien ausgelegt. Im Zentrum stand dafür umfänglich Diskussionen zu den Themen, die JungwählerInnen interessierten und bewegten. Die politische Ausgewogenheit (Diskutanten) in den Foren stellte sicher, dass politisiert, jedoch keine parteipolitische Position bezogen wurde.

Die Macher, ihre Motivation, die Instrumente, Erfahrungen und mehr…

Auf die Frage, was sie bewogen hat, einen aktiven Beitrag zur Kampagne Demokratie stärken – Du bist Politik! zu leisten, antworten die Macher André Mücke und Bernd Fiedler, aus ihren Erfahrungen überzeugt:

„Wir können für Politik begeistern. Wir können viele junge Menschen direkt erreichen. Wir können Wahlbeteiligungen steigern. Dafür braucht es aber Angebote, die diese Energie bündeln und mit den jungen Menschen vor Ort arbeiten. Wir sind daher sehr froh, dass wir im Rahmen der Kampagne Demokratie stärken – Du bist Politik! einen Part Sachsen-Anhalt übernehmen durften“. Als Agentur für Bildungsmarketing agieren wir genau an der Schnittstelle zwischen Schule und externen Akteuren. Wir haben gute Kontakte in die Schulen hinein und können schnell und flexibel Großartiges auf die Beine stellen. So taten wir das gemeinsam mit der LpB auch im Rahmen der Kampagne und natürlich besonders mit Blick auf die Landtagswahl 2016. Wir kommen mit jungen Politikgestaltern direkt an die Schulen und suchen den Dialog auf Augenhöhe. In Forumsveranstaltungen, Fishbowls und Speed-Datings hatten PolitikerInnen der Jugendorganisationen der im Landtag vertretenen Parteien die Chance, die Stimmen und Fragen der Jugendlichen aufzunehmen und zu beantworten. Konzentriert haben wir uns auf Berufsschulen und waren bewusst viel außerhalb der großen Städte unterwegs. Unser Format einer Tour, die sich an die Orte der Lebenswelt der SchülerInnen begibt, eignet sich da ideal und wird gerade von den jungen Menschen, die sich noch nicht besonders intensiv mit Politik auseinandergesetzt haben, sehr gerne angenommen. Diese Jugendlichen interessieren sich wider der allgemeinen Perspektive auf sie, nicht nur für Game-Shows, Katzenberger und Shopping Queen. Natürlich sind junge Menschen politisch interessiert und treten für ihre Überzeugungen ein. Aber: Sie wollen richtig angesprochen werden.

Sie sind längst nicht mehr nur Empfänger von Botschaften, sie sind vor allem auch Sender. Das Prinzip der sozialen Medien beruht auf dieser Erkenntnis. Sie möchten Fragen stellen und direkte Antworten erhalten. Informationen sollten verständlich, aus der lebensweltlichen Perspektive des Jugendlichen und in ihrer eigenen Sprache formuliert sein und von einem glaubwürdigen und authentischen Absender stammen, sodass sie sich überhaupt wahrgenommen fühlen können.

Wir waren dazu in acht von vierzehn Wahlkreisen in Sachsen-Anhalt unterwegs. Schnell war klar: Es gibt ein paar heiße Themen, die immer wieder zur Diskussion kamen. Und die Zahlen, die genannt wurden, mussten immer wieder kontextualisiert und in Relation gesetzt werden. Wie viele Menschen leben in diesem Bundesland? Wie viele Flüchtlinge? Und wie viele Leute sind eigentlich wo engagiert tätig? Auch gab es an manchen Stellen Vorurteile und „Geschichten“, die wir aufklären konnten. Mit Argwohn wurde auch immer wieder thematisiert: Politik, das ist doch quasi eine in sich geschlossene Elite, in der nur Politikwissenschaftler etwas zu sagen haben. Die von uns eingeladenen jungen PolitikerInnen waren darüber doch irritiert und erzählten, wie sie in die Politik kamen. Wer sie sind, was sie erreicht haben und erreichen wollen – von wem sie sich was sagen lassen und von wem nicht. Auf diese Weise gewannen beide Seiten durch die Diskussionsforen. Die VertreterInnen der Politik bekamen direktes Feedback ihrer Wähler und Informationen über deren Positionen, während die SchülerInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu äußern zum Teil erstmals erlebten und als eine Art Initialisierung wahrnahmen.“

Wie muss man sich die Podiumsdiskussionen nun vorstellen, die geführt wurden? Bernd Fiedler, der als Projektleiter die Tour leitete, berichtet dazu:

„Mit Beginn der Diskussion wurden Fakten zu Land und Wahl von den Moderatoren geliefert und das Format erläutert. Danach wurden Themen gesammelt und per Applaus darüber abgestimmt, welche drei Themen diskutiert werden sollten. Danach starteten die Kleingruppen oder die Podiumsdiskussion. 

Im klassischen Podium konnten schnell viele Themen angesprochen und auch breit diskutieren werden, da Podium zumeist mit energetisierten TeilnehmerInnen spannend besetzt war. Dafür brachten wir immer junge Moderatoren mit – insgesamt waren es während unserer Tour drei verschiedene junge Menschen von unserem Partner Jugendpresse Deutschland. Manchmal boten sich, bei kleineren Schülergruppen, auch Speeddating-Kleingruppen an, bevor es auf dem Podium losging. Dabei wechseln die PolitikerInnen durch die Gruppen und wurden zu je einem Thema intensiv befragt. Das haben wir in dieser Form hier zum erstem Mal probiert und fantastische Erfahrungen gesammelt: Die Jugendlichen blieben hartnäckig in ihren Fragen und waren so konzentriert, dass wir sogar in einer Werkhalle in Bitterfeld-Wolfen mehrere Runden parallel laufen lassen konnten. Die Akustik war dafür eigentlich nicht geeignet – die Schüler waren es. Und die Themen scheinbar auch, sonst hätten nicht alle so interessiert gelauscht und immer wieder Nachfragen gestellt. Nach spätestens einer Stunde versammeln wir die Kleingruppen wieder und tragen im moderierten Podium zusammen und die wichtigsten Ergebnisse und Konfliktlinien zusammen.

Die Jugendlichen haben eine eigene Meinung, aber nicht immer eine eigene Stimme. Manchmal wissen sie auch gar nicht, wo genau sie mit dieser Gehör finden könnten. Das haben wir versucht aufzuzeigen. Hier sind aber auch dauerhafte Angebote nötig.

Was nehmen wir mit, haben wir uns in der Nachbetrachtung der Tour gefragt.
In jedem Falle gibt es Ergebnisse der von uns geführten Diskussionen, die als konsistent betrachtet werden können: Die allermeisten finden Wahlrecht ab 16 eine gute Sache, Legalisierung von Cannabis hatte bei uns auch Zustimmungsquoten von 80-85%. Harte Drogen sollten nicht legalisiert werden, da waren sich (bis auf Einzelne) alle im Publikum einig. Die Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Paaren wurde bei allen Diskussionen von den Jugendlichen als selbstverständlich wahrgenommen. Das Thema Flucht und Asyl war ein heißes Eisen, bei dem es aber auch immer einen konstruktiven Austausch gab. Entwicklung der Infrastruktur, Bildung, Wirtschaft und innere Sicherheit waren sehr präsente Themen. Die Jugendorganisationen der Parteien haben eine Menge Themen und Meinungen, aber auch Erfahrungen im Gespräch mit ihren Jung- und Erstwählern mitnehmen können. Auch wir als Team selbst haben methodisch einiges in Sachsen-Anhalt gelernt. Fazit dazu: Wo es von den Rahmenbedingungen her geht, ziehen wir inzwischen die Speed-Dating Methode vor.