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Forum „Du bist Politik: Kritik erwünscht“

Ein Projekt von DIVERSITY WORKS im Rahmen der Kampagne „Demokratie stärken – Du bist Politik!“

Demokratie ist bei weitem nichts Selbstverständliches. Wer bereits lange in einem demokratischen Umfeld lebt, mag das jedoch manchmal als gegeben empfinden. Zudem legen sinkende Wahlbeteiligungen und die Aussagen, nur deshalb radikale Parteien zu wählen, um gegen die etablierten Parteien zu protestieren, den Schluss nahe, dass das Recht auf Mitbestimmung nicht mehr von vielen als solches wahrgenommen wird. Um ihrer Definition gerecht zu werden, kann und sollte Demokratie aber niemals zur Verantwortung Weniger über Viele werden. Die „Stellvertreter-Erwartung“, die viele Menschen an engagierte Demokraten haben, steht einem lebendigen Demokratieansatz sogar konträr entgegen. Es war an der Zeit, etwas daran zu ändern.

Das dachte sich auch die Landeszentrale für politische Bildung und entwickelte die Kampagne „Demokratie stärken – Du bist Politik!“ mit dem Ziel einer solchen Veränderung. Vornehmlich ging es um die Entwicklung einer neuen Dialogkultur zwischen den Menschen. Jeder sollte sich wieder als Teil der Politik fühlen. Doch wie sollte das gehen? An diesem Punkt kamen wir ins Spiel. DIVERSITY WORKS hat sich mit viel Energie und Freude an diesem Kooperationsprojekt beteiligt. Was uns bei der Einladung zur Mitwirkung an der Kampagne besonders inspirierte, war die Tatsache, dass hier bundesweit zum ersten Mal ein Versuch unternommen wurde, Menschen mit einem breit angelegten Vorhaben zu motivieren und zu aktivieren, von ihren demokratischen Rechten Gebrauch zu machen. Bereits dieser Ansatz war für uns Motivation und Anreiz genug, die Einladung zur Zusammenarbeit anzunehmen.

Dezentral in den Dialog gehen

Die Idee der Landeszentrale setzt auf ein neuartiges, innovatives und partizipatives Veranstaltungsformat, das im Vorfeld der Landtagswahlen durch alle Landkreise und Städte „auf Tournee“ ging. Diesen dezentralen Ansatz haben wir entsprechend unserer Grundidee, teilnehmende und prozessorientierte Formate anzubieten, weiterentwickelt, um eine neue Dialogkultur zwischen den Menschen einer Stadt oder einem Landkreis in Sachsen-Anhalt und den kandidierenden Abgeordneten zu befördern. Das Forum „Du bist Politik: Kritik erwünscht“ wurde mit insgesamt 14 Veranstaltungen in allen Kreis- und kreisfreien Städten Sachsen-Anhalts durchgeführt.

Die Teilnehmenden schilderten die Foren der Veranstaltungsreihe im Nachgang als eindrückliches Erlebnis. Der gewünschte Dialog zwischen den Menschen wurde tatsächlich ermöglicht und das – wie von uns erhofft – bei Teilnehmenden, die jeweils ganz unterschiedliche Verantwortung für das gesellschaftliche Miteinander in der Demokratie tragen: Bürger als Souverän und Mandatsträger als Repräsentierende in der Demokratie. Beide Seiten wurden gleichberechtigt und „auf Augenhöhe“, von uns moderiert, miteinander ins Gespräch gebracht, sodass sich aus teils unterschiedlichsten Ansichten ein Dialog entwickeln konnte.

Der Weg zum direkten Kontakt

führte zunächst über das Papier. Dazu haben unsere Kooperationspartner im Vorfeld vor Ort in den Landkreisen und Städten Postkarten verteilt, auf denen die Menschen schriftlich Kritik äußern konnten. Der Aufruf: „Meiner Meinung nach…“ brachte eine Vielzahl von Aspekten, Meinungsäußerungen und Vorschlägen ein, die an den Veranstaltungsabenden zur Diskussion standen. Dabei wurde je nach Situation geredet, debattiert oder sogar gestritten, jedoch nie ohne den gegenseitigen Respekt aus den Augen zu verlieren. Das war genau in unserem Sinne. Die Wahrung der Würde der Menschen stand als Eingangsleitbild über dem Veranstaltungsformat.

In den 14 Foren selbst haben wir mit bestehenden Traditionen für Veranstaltungen in Vorwahlzeiten gebrochen. Es ging nicht darum, den Wahlkampf verschiedener Parteien zu unterstützen, sondern vielmehr um die Menschen, die sich Gedanken um die Demokratie machen. Dazu gehören am Ende alle: Bürger auf der einen Seite und Politiker auf der anderen. Kategorien wie „oben-unten“ oder auch „vorn-hinten“ spielten in den Foren keine Rolle. Zudem waren die Räume eher im Kaffeehaus-, als im klassischen Stil von Podiumsgesprächen eingerichtet – damit trugen sie das ihre zu einem Miteinander auf Augenhöhe im Dialog bei.

Hauptziel war, ins Gespräch zu kommen. Deswegen standen am Anfang keine politischen Statements, sondern Satzanfänge an Moderationswänden, die fortgesetzt werden sollten. Dabei ging es sowohl um Kritik an der Politik der damals verantwortlichen Parteien und der Regierung oder auch um Vermutungen, warum in Sachsen-Anhalt viele Menschen nicht zu Wahl gehen. Zudem konnten Ideen gesammelt werden für den Fall, selbst in politischer Verantwortung zu stehen.

Anschließend standen die Meinungen der Menschen im Mittelpunkt, die der Einladung „Kritik erwünscht“ gefolgt waren. Dies dürfte eindeutig die größte Herausforderung des Abends für diejenigen gewesen sein, die es im Alltag gewohnt sind, schnell und sofort auf alles reagieren zu müssen. Etwa 90 Minuten lang „den Mund zu halten“ und erst einmal nur zuzuhören, war sicher nicht einfach für die anwesenden Politikern. Alle Kandidaten haben sich jedoch darauf eingelassen und das Feedback darauf fiel überraschend positiv aus. Viele bedankten sich ausdrücklich für diese Erfahrung und sagten, sie seien nachdenklich geworden.

Nachdenklichkeit als Basis für Veränderung

Nachdenklichkeit war auch eines der Stichworte, zu denen die Kandidaten um ein Feedback des gerade Gehörten gebeten wurden. Fragen wie: „Was hat Sie überrascht heute Abend?“ und „Was wollen Sie sich für Ihre zukünftige Tätigkeit als Abgeordnete merken?“, stellten eine nächste große Herausforderung für diejenigen dar, die gerade im Wahlkampfmarathon unterwegs, vermeiden mussten, in den Modus der „Wählergewinnung“ zu verfallen. Freundlich aber bestimmt wurden sie immer wieder auf den Fokus: „Nachdenklich – Überrascht – Merk-würdig“ zurück moderiert.

Es ist ein gemeinsamer Erfolg

Dass die Kandidaten sich auf diese Form des „Miteinander-ins-Gespräch-kommen“ eingelassen haben, ist aus unserer Sicht der größte Erfolg der Veranstaltungsreihe. Das verdient Respekt und Dank! Ein Dankeschön verdienen ebenso die Bürger dafür, dass Sie sich trotz ihrer Enttäuschung mit Ihren Themen auf den Weg gemacht haben – per Telefon, E-Mail, Facebook, Postkarte und live zur Veranstaltung. Ihr Engagement zeigt, dass sich die Menschen im Land durchaus für politische Themen interessieren, sich darüber informieren und engagieren, aber auch nicht alles widerspruchslos hinnehmen.

Ohne die tatkräftige Unterstützung eines breit angelegten Netzwerkes von Kooperationspartnern vor Ort, wäre es uns nicht möglich gewesen, in dem zur Verfügung stehenden knappen Zeitrahmen 14 professionell organisierte Veranstaltungen in die Städte und Kreise zu bringen. Ein herzliches Dankeschön verdienen deshalb auch die uns vor Ort unterstützt habenden Menschen.

Betont werden muss die erstklassige Kooperation mit der Landeszentrale in allen Phasen des Projektes – angefangen von der Planung, über die Öffentlichkeitsarbeit bis hin zu den Foren selbst. Ohne diese wäre es nicht gelungen 14 Mal einen nachhaltig professionellen Eindruck bei allen Anwesenden zu hinterlassen. Wir danken auch dafür.

Schließlich und letztlich sorgte unser „Bodenpersonal“ (Wolfgang Niedecken 1983 auf „Bess demnähx“) dafür, dass wir ein tolles, wiedererkennbares Gesamtlayout hatten, dass alles am richtigen Platz stand und gut zu hören war, was gehört werden sollte. Ein Dank also auch an alle tatkräftigen, ideenreichen und zuverlässigen Unterstützern.

Was nehmen wir selbst mit?

Durchgängig hat sich bei den Foren gezeigt, dass die Menschen in Sachsen-Anhalt tief enttäuscht und zum Teil auch frustriert sind über die Politik im Land und damit auch über die Personen, die diese Politik verantworten. Eine Grundstimmung mit der Ausrichtung: „Die da oben machen eh nur was sie wollen“, war deutlich zu spüren. In vielen der Foren wurden Themen angesprochen, die in ihrer kritischen Sichtweise sogar nachvollziehbar erscheinen. Politik und deren Entscheidungen müssen für die Menschen nachvollziehbarer, transparenter und verstehbarer werden – das heißt mehr denn je: lebendige Politik muss auch erklärt werden.

Positiv verbuchen wir die Erfahrung, dass es möglich ist, eine neue Dialogkultur zwischen Bürgern und Politikern zu etablieren. Der Ansatz macht deshalb Hoffnung auf künftige Früchte mit dem Ziel, das Vertrauen zwischen Politik und Bürgern wieder herzustellen.

Der Anfang ist getan – nun kommt es auf uns alle an, auf diesem Weg weiter zu gehen.

Autor: Stephan Schack

Verantwortlicher Redakteur: Peter Wetzel

Infobox - DIVERSITY WORKS -

DIVERSITY WORKS ist ein bundesweit tätiger Verbund von Trainern, mit den Arbeitsschwerpunkten Diversity Management, Interkulturelle Kompetenz, Nicht-Diskriminierung sowie Demokratie-, Menschenrechts- und Toleranzerziehung.

DIVERSITY WORKS baut mit seiner Expertise auf den Theorien zu Interkulturellem Management und Diversity (Vielfalt) auf. Daneben spielen in den Trainings- und Beratungsprozessen Aspekte wie Demokratie-, Toleranz- und Engagementförderung für eine älter und vielfältiger werdende Gesellschaft in Deutschland eine große Rolle. Alle Trainer- und Berater sind vielfach zertifiziert und gehören mit z. T. mehr als 20 Jahren Berufserfahrung in Training, Coaching und Beratung im Diversity-Bereich zu den Pionieren in Deutschland.

DIVERSITY WORKS hat Konzepte im Trainings- und Beratungsbereich entwickelt, die für den erfolgreichen Umgang mit Menschen unterschiedlicher kultureller Prägung unerlässlich sind – sowohl aus theoretischer als auch der viel wichtigeren praktischen Sicht. Damit werden Firmen und Unternehmen, Institutionen und Einrichtungen, Vereine und Verbände unterstützt, sowohl die individuellen Kompetenzen ihrer Mitarbeiter zu fördern, als auch innerhalb der Organisation Strategien für Entwicklungs- oder Veränderungsprozesse zu entwickeln.

www.diversity-works.de