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Einmischen, Mitmischen! - ICH, MEIN BILD, MEIN STATEMENT -

Bereits siebenmal hatten wir unser erfolgreiches Format 100 Bilder für Demokratie und Toleranz, mit 2.000 beteiligten Jugendlichen, großformatig, prominent und medienwirksam in Städten Sachsen-Anhalts präsentieren können, als es Anfang 2016 Zeit für Neues für Politisches war.  

Im Landtagswahljahr hing ein Partizipationsprojekt in der Luft – und da traf es sich gut, dass die Landeszentrale für politische Bildung die Kampagne  Demokratie stärken – Du bist Politik! aufgelegt hatte. In der ›Kunstplattform‹ beschlossen wir, unser neuentwickeltes Format Einmischen, Mitmischen! zu nennen, um Interessengruppen deutlich zu machen, dass dieses Vorhaben den kreativen Prozess als Ausgangspunkt für die Wahlbeteiligung sieht.   

Wichtig war für uns deshalb der Zugang zur Hauptzielgruppe, zu interessierten und  teilnahmebereiten Jung- und Erstwählern. Zunächst konnten wir Intentionen, Ziele und Herangehensweisen vor 150 Auszubildenden der ›Berufsbildenden Schulen Anhalt-Bitterfeld‹  darstellen. Diese Zielgruppe erschien uns besonders wichtig, da sie aus der jungen Wählerschaft bestand.

Einmischen, Mitmischen! war konzeptionell darauf ausgerichtet, Menschen verschiedener Altersgruppen durch offensiven Einsatz bildkünstlerischer wie textlicher Mittel, sich selbst  zu mehr politischem Engagement in folgenden Punkten wirksam zu motivieren:   

  • Steigerung der Wahl-Motivation bei Erst- und Jungwählern, bei Migranten und Senioren durch Begreifen der Wahlrechtausübung als wichtigstes, als höchst spannendes, somit keineswegs uncooles demokratisches Gestaltungsmittel in der Zivilgesellschaft.
  • Multiplikatives Verbreiten der eigenen Bereitschaft zur Wahlbeteiligung im sozialen Umfeld, somit Gewinnung von Nichtwählern für eine Beteiligung an der Landtagswahl am 13. März 
  • Stärkung von Interesse und Bereitschaft zur aktiven demokratischen Teilhabe der Zielgruppen in der Zivilgesellschaft. Förderung von Vielfalt, Akzeptanz, Toleranz in der Zivilgesellschaft.
  • Kritische Auseinandersetzung mit antidemokratischen und intoleranten Positionen. Leistung eines kreativ-künstlerischen Beitrags im landespolitischen Diskurs gegen Rechtsextremismus / Rechtspopulismus, Islamismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Rassismus und andere Formen von Demokratie- und Rechtstaatsfeindlichkeit
  • Reflektierende Wahlnachbetrachtung: Einschätzung des Wahlergebnisses, der Wahlbeteiligung; Koalitionsbildung der Parteien unter der Fragestellung, was die Wahl im demokratischen Gestaltungsprozess gebracht hat. Wie kann/soll Partizipation  besonders nach der Landtagswahl aussehen. 

Auf die Projektvorstellung folgten Diskussionen und dann der (nicht erwartete) knappe Mehrheitsbeschluss, dass sich die Berufsschüler*innen der BbS Anhalt-Bitterfeld leider nicht in der Lage sähen, an Kunstprojekten gleich welcher Art teilzunehmen. Für uns ein Misserfolg. In der Schule aber immerhin praktizierte Demokratie.

Besser lief es bei den Berufsbildenden Schulen ›Heinrich Mette‹ in Quedlinburg und beim Burg-Gymnasium Wettin. Hier trafen wir Schulleiter und Kunstlehrer*innen, die uns bei Vermittlung und Durchführung des Formats zielführend unterstützten, wobei auf das Denken und Fühlen der jungen Projektteilnehmer*innen individuell eingegangen und unsererseits versichert wurde, dass es hier um demokratische Teilhabe, nicht um hintergründige Einflussnahme auf souveräne Wahlentscheidungen gehen sollte. 

Auch waren zuvor bereits gesammelte Erfahrungen im Umgang mit politisch un- bzw. kaum interessierten Jugendlichen hilfreich, die zeigten, dass niedrigschwelliges Hineingleiten in Kreativprojekte nicht nur unerwartete  Resultate etwa in der Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus hervorbringen kann, sondern auch nachhaltiges Bewusstwerden dessen, dass es in der demokratisch verfassten Zivilgesellschaft hauptsächlich um Menschlichkeit geht. Das Projekt wurde von den Jugendlichen angenommen.

Im Ergebnis dessen konnten drei Ausstellungen in Filialen der Harzsparkasse in Quedlinburg und Wernigerode  vor und nach der Landtagswahl mit je 35 Arbeiten im Plakatformat A1  öffentlich zugänglich gezeigt werden, was Pressetermine und vier Veröffentlichungen in Tageszeitungen sowie einen Beitrag im Regionalfernsehen Harz  zur Folge hatte. Die Wirksamkeit des Projektes wurde so multipliziert. 

In Wettin wurden die Projektergebnisse im Außenbereich des Burg-Gymnasiums auf drei großformatigen Bildbannern  der Öffentlichkeit vorgestellt, was Schüler*innen und Rezipienten einen breitgefächerten Diskursraum eröffnete.

Zielgruppe Zwei waren Migrant*innen im Erwachsenenalter aus dem Saalekreis. 

Hier gestaltete sich das Gewinnen von Projektteilnehmer*innen unter Asylsuchenden aus Nordafrika und dem Nahen Osten insofern problematisch, als die Angesprochenen ihre Teilnahme ablehnten, sobald sie realisiert hatten, dass es sich um ein politisch relevantes Kunstprojekt handelte. 

Eine Erklärung dafür sahen Sprachlehrer und Sozialpädagogen in einer erziehungsbedingten Zurückhaltung gegenüber allem Politischen. Dagegen konnten auch niedrigschwellig formulierte Erklärungen, etwa die, dass es hier um Meinungsäußerungen zu »Demokratie als Gesellschaftsmodell« nach hiesigen Maßstäben ginge – und nicht um Kritik an Diktaturen in den jeweiligen Heimatländern – wenig ausrichten. Durch Herunterbrechen der Thematik auf persönliche Erwartungen und Zukunftswünsche konnten schließlich Kompromisse  gefunden und eine Teilnahmebereitschaft erreicht werden. In diesem Prozess lernten beide Seiten sehr viel mit- und voneinander.

Verglichen mit den muslimisch geprägten Geflüchteten war der Projektumgang mit Migranten aus der ehemaligen Sowjetunion (Russlanddeutsche/Spätaussiedler) weitgehend unproblematisch, weil diese gern bereit waren, auch politische Statements zum Thema abzugeben und derenVeröffentlichungen zuzustimmen.

Die dritte Zielgruppe bestand aus Senioren der Generation 60 plus. 

Wieder fanden zunächst Projektdarstellungen und Diskussionsrunden mit älteren Menschen aus dem  Seniorenkolleg  an der Hochschule Merseburg sowie aus dem ›Malzirkel Roßmarkt‹ im Mehrgenerationenhaus Merseburg statt. Die Gewinnung dieser vor allem künstlerisch interessierten Personengruppe führe zu überraschenden Plakatergebnissen , die wie vereinbart dann auch  im Café des Mehrgenerationenhauses zur Ausstellung kamen. 

Als Resonanz auf das abgeschlossene Kunstformat kann festgehalten werden, dass sowohl die Kampagnenbezugnahme auf Demokratie stärken – Du bist Politik!, insbesondere auf deren inhaltliche Offenheit und visuelle Originalität, als auch die Betreuung der Kreativprozesse durch die ›Kunstplattform‹ mehrheitlich ausdrücklich positiv bewertet wurden. 

Insofern scheint gerade die Weiterentwicklung zielgruppenspezifischer  Kooperationsprojekte auf der Kunstebene sehr angeraten. Der künstlerisch-dialogische Prozess fördert die Betrachtung gesellschaftlicher Entwicklung, Erfolge und Probleme und fordert die Beteiligten zur Stellungnahme heraus.  

Autor: Knut Mueller, Kunstplattform Sachsen-Anhalt e.V.
Verantwortlicher Redakteur: Peter Wetzel

Infobox - Kunstplattform Sachsen-Anhalt e.V. -

Die Kunstplattform Sachsen-Anhalt e.V. mit Sitz in Halle (Saale) ist ein gemeinnütziger Verein zur Konzipierung und Durchführung von kreativen Formaten mit pädagogischen Ansätzen unter Beteiligung vor allem junger Menschen aus Schulen und der Zivilgesellschaft. Projekte mit dieser Intention und den Zielgruppen, wie etwa 100 Bilder für Demokratie und Toleranz, konnten in Halle, Magdeburg, Bitterfeld-Wolfen, im Saalekreis und im Burgenlandkreis erfolgreich umgesetzt und öffentlichkeitswirksam präsentiert werden. Knut Müller als Projektinitiator bringt Erfahrungen aus dem Bereich Fotografie und internationaler journalistischer Einsätze in die Prozesse ein.

www.kunstplattform-halle.de

www.100-bilder.de